Was sind Pflegehilfsmittel? Pflegeexpertin gibt Antworten & Tipps

Was zählt zu den sogenannten Pflegehilfsmitteln? Und gehört Inkontinenzmaterial auch dazu? Diese und weitere Fragen beantwortet Ihnen Pflegeexpertin Manuela Busse (Produktexpertin bei INSENIO).
Expertentipp 3 – Pflegehilfsmittel

Was sind Pflegehilfsmittel?

Pflegehilfsmittel sind Produkte, die im Einzelfall notwendig sind, um Menschen mit einer Erkrankung, Behinderung oder altersbedingten Einschränkungen im Alltag zu unterstützen. Pflegehilfsmittel werden von der Pflegekasse übernommen, wenn ein Pflegegrad vorliegt. Zu den Pflegehilfsmitteln zählen genauer gesagt sogenannte Verbrauchsprodukte wie Krankenunterlagen, Einmalhandschuhe, aber auch wiederverwendbare und technische Hilfsmittel wie Pflegebett und Lagerungshilfen.

Zählt Inkontinenzmaterial zu Pflegehilfsmitteln?

Nein, leider nicht. Das liegt daran, dass die Versorgung des Patienten durch Inkontinenzartikeln als Leistung der Krankenkasse gilt, nicht aber der Pflegekasse. Das heißt, die Kosten für Pflegehilfsmittel werden von der Pflegekasse und die Kosten für Inkontinenzmaterial von der Krankenkasse bezuschusst. Für den Angehörigen und Pflegebedürftigen bedeutet das, dass sie gleich zwei unterschiedliche Anlaufstellen haben.

Pflegehilfsmittel Übersicht

Inkontinenzartikel wie Einlagen und Windeln für Erwachsene zählen nicht zu den Pflegehilfsmitteln. Sie gehören zum Leistungskatalog der Krankenkassen.

Was sind Pflegehilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (laut Hilfsmittelverzeichnis)?

Pflegehilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, sind solche, die einmalig gebraucht werden und nicht zur Wiederverwendung gedacht sind. Dazu gehören Einwegprodukte wie Krankenunterlagen und Desinfektionsmittel. Das Besondere an diesen Verbrauchsprodukten ist, dass Versicherte die Kosten bei der Pflegekasse unkompliziert einreichen können, vorausgesetzt die Kosten liegen bei maximal 40 EUR/Monat.

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Pflegehilfsmittel zum Verbrauch Übersicht

Welche Pflegehilfsmittel sollte man zu Hause haben?

Ganz klar Inkontinenzunterlagen, also Einweg-Krankenunterlagen. Denn mit Inkontinenz haben etwa 50 % der Pflegebedürftigen zu tun.

Sind wiederverwendbare Bettunterlagen auch Pflegehilfsmittel?

Wiederverwendbare Bettunterlagen gehören zwar streng genommen nicht zu den zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln, doch einige Pflegekassen erstatten in der Regel die Kosten von 1-2 Unterlagen pro Jahr zusätzlich, z.B. MoliCare textile.

Laut Paragraf 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch haben alle Versicherten einer gesetzlichen Pflegeversicherung Anspruch auf die Unterstützung. Mit diesem Unterstützungsbetrag bezuschussen Pflegekassen den Zukauf von Pflegehilfsmitteln. Voraussetzung ist, dass in der Vergangenheit ein Pflegegrad festgestellt worden ist und dass der Versicherte zu Hause gepflegt wird. Sollten die Aufwendungen 40 Euro im Monat überschreiten, müssen Versicherte den Differenzbetrag selbst tragen.

Was sind Pflegehilfsmittel und -marken, die Sie empfehlen, Frau Busse?

Grundsätzlich funktionieren bzw. wirken Pflegehilfsmittel und Verbrauchsprodukte recht ähnlich, so dass wenig Unterschiede in der Funktionsweise bzw. Qualität bemerkbar sind. Oft aber sehe ich, dass Angehörige Produkte von Hartmann wie MoliCare Bed Mat und Peha-Soft-Nitrile Handschuhe nutzen, um sie mit Produkten wie Sterillium Desinfektion und Medi-Inn Einmal-Esslätzchen zu kombinieren.

Was sind Pflegehilfsmittel, die als technische Pflegehilfsmittel gelten (laut Hilfsmittelverzeichnis)?

Unter technischen Pflegehilfsmitteln versteht man Gerätschaften und Hilfsmittel, die die Pflege erleichtern und wiederverwendbar sind, also nicht zum Verbrauch bestimmt sind. Dazu gehören Pflegebetten, Rollatoren und Lagerungskissen. Im Gegensatz zu Pflegehilfsmitteln, die zum Verbrauch bestimmt sind, werden technische Pflegehilfsmittel bei der Pflegekasse anders behandelt. Denn technische Hilfsmittel werden meist nur leihweise zur Verfügung gestellt.

Technische Pflegehilfsmittel Übersicht

  • Lagerungsrolle und -kissen
  • Bettpfanne
  • Urinflasche
  • Kopfwaschsystem
  • Hausnotrufsystem
  • Rollstuhl
  • Rollator
  • Toilettenstuhl
  • Pflegebett
  • Pflegebett Zubehör

Oft werden technische Pflegehilfsmittel nur leihweise von der Pflegekasse zur Verfügung gestellt. Nähere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Pflegekasse auf Anfrage.

Wie kann man die Pflegehilfsmittel in Anspruch nehmen?

Sie müssen einen entsprechenden Antrag stellen und bei der Pflegekasse einreichen. Dabei haben Sie die Wahl zwischen der Beauftragung eines Pflegemittel-Lieferdienstes oder dem selbständigen Beschaffen. Die bequemste Variante ist die Wahl eines Lieferservices. Denn das beliefernde Unternehmen kümmert sich um die Abrechnung durch die Pflegekasse.
Wenn Sie lieber unabhängiger und flexibler bei der Wahl der Pflegehilfsmittel sein wollen, empfiehlt sich das selbstständige Beschaffen. Hierfür wird Ihr Antrag praktischerweise einmalig bewilligt und gilt jeden Monat automatisch. Ihr Antrag auf Kostenübernahme von Pflegehilfsmitteln kann formlos sein. Wichtig sind die Angabe der persönlichen Angaben sowie die Versicherungsnummer des Pflegebedürftigen.

Gilt dasselbe bei Privatversicherten?

Privatversicherte bekommen vom Lieferservice oder vom Verkäufer der Pflegehilfsmittel eine Rechnung und reichen diese zur Abrechnung bei der privaten Krankenversicherung ein.

Was ist bei der Abrechnung mit der Pflegekasse zu beachten?

Wurde Ihr Antrag durch die Pflegekassen genehmigt, sollten Sie die Laufzeit beachten. Die Pflegekassen genehmigen derartige Anträge entweder unbegrenzt oder mit einer Laufzeit von einem Jahr. Tritt Letzteres ein, sollten Sie unbedingt rechtzeitig an den Folgeantrag denken.

Wo kann man Pflegehilfsmittel erwerben?

Grundsätzlich sind Angehörige bei der Wahl der Pflegehilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, völlig frei. Aber ich empfehle Ihnen darauf zu achten, dass Sie eine ordentliche Rechnung vom Anbieter erhalten, damit Sie diese bei Ihrer Pflegekasse unkompliziert einreichen können.

Welche Krankenunterlage können Sie empfehlen?

Gute Erfahrungen habe ich mit MoliCare Premium Bed Mat 7 Tropfen gemacht. Diese Unterlage besitzt einen Saugkörper aus weichen Zellstoff-Flocken und deren Außenfolie ist wasserundurchlässig. Genauso gut funktionieren Seni Soft Super und CareDry Krankenunterlagen. Man erhält sie in verschiedenen Größen und mit oder ohne Einsteckstreifen.

Wie hilfreich sind Handschuhe bei der Pflege von Angehörigen?

Handschuhe sind für die Pflege sehr wichtig, um den pflegenden Angehörigen zu schützen, deswegen sollten Sie Handschuhe zum eigenen Schutz immer zu Hause parat haben. Ich empfehle puder- und latexfrei Handschuhe.

Warum puderfreie Handschuhe?

Puderfrei aus dem Grund, weil Puder die Haut austrocknet und allergische Reaktionen auslösen kann. Puder wird deshalb gerne eingesetzt, weil es das Hineingleiten der Hände erleichtert. Sie kommen also in puderfreie Handschuhe unter Umständen etwas schwerer rein. Da hilft aber ein einfacher Trick: Pusten Sie den Handschuh auf und schon geht es viel leichter.

Was bedeutet es, wenn Handschuhe aus Nitril sind?

Das Material Nitril ist besonders reißfest, hochelastisch und sehr beständig gegen viele Chemikalien. Zudem ist es eine Alternative bei Latexallergie.

Was sagen Sie zu Desinfektionsmitteln?

Desinfektionsmittel für die Hände sind ein sehr wichtiges Pflegehilfsmittel. Sie schützen vor Ansteckung mit krankheitserregenden Keimen.

Welche Desinfektionsmittel können Sie empfehlen?

Nehmen Sie das bewährte Sterillium, es wirkt umfassend gegen Bakterien und Hefepilze. Gleichzeitig ist es hautfreundlich. Wer eine Alternative sucht, ist mit Medi-Inn Desinfektionsmittel gut aufgehoben.

Wann und wie oft sollte man die Hände desinfizieren?

Desinfizieren kann man kaum oft genug. Auf jeden Fall, bevor man zu einem Patienten geht und wenn man wieder weggeht. Wichtig: Die Einwirkzeit beachten! Achten Sie auch auf die Gesundheit Ihrer Haut und cremen Sie sie regelmäßig ein.

Ein zu häufiges Händewaschen weicht die Haut auf und stellt eine Eintrittspforte für Keime dar, deswegen lieber die Hände desinfizieren und nur bei sichtbaren Verschmutzungen die Hände gründlich waschen.

Wie sieht es aus mit Desinfektionsmittel für Flächen?

Flächendesinfektionsmittel benötigt man besonders für akute Situationen, wenn man beispielsweise mit Fäkalien zu tun hat und rasch Verschmutzungen beseitigen möchte. In solchen Momenten eignet sich ein solches Desinfektionsmittel am besten.

Gibt es Gegenstände, die man regelmäßig desinfizieren sollte?

Ja, Flächen, die täglich benutzt werden wie Toilette, Toilettenstuhl, Beistelltische, Krankenbett, Tisch, Rollator oder Bettgestell sollten Sie vorsorglich laufend desinfizieren. Vergessen Sie nicht die Türklinken zu Hause. Diese Stellen werden oft übersehen, obwohl sie sehr oft mit Händen in Berührung kommen.

Warum gehört ein Mundschutz zu den wichtigsten Pflegehilfsmitteln?

Ein Mundschutz ist extrem wichtig, um sich vor gefährlichen Tröpfcheninfektionen zu schützen, vor allem, wenn Viren wie das Norovirus oder MRSA-Keime im Umlauf sind. Diese Viren verbreiten sich durch die Luft und können sehr schnell durch Einatmen im eigenen Organismus landen.

Beim Mundschutz gibt es nicht viele Produktunterschiede, da reicht das günstigste Modell, oder nicht?

Jein. Es gibt sehr dünnwandiges Material, das bei preisgünstigem Mundschutz verwendet wird. Mit denen habe ich leider wenig gute Erfahrungen gemacht. Besser ist es, gleich die Hochwertigeren zu nehmen. Falls es doch die günstigere Variante sein soll, dann empfehle ich, gleich zwei Stück übereinander zu tragen – sicher ist sicher.

Welche Pflegehilfsmittel sollten pflegende Angehörige noch kennen?

Schutzbekleidung, sprich Einwegschürzen. Sie sind geeignet, um die Kleidung des zu Pflegenden zu schützen, beispielsweise beim Essen und Trinken. Selbstverständlich können pflegende Angehörige sich selbst damit schützen. In bestimmten Situationen können diese Einwegschürzen sehr hilfreich sein.

Über Frau Manuela Busse

Frau Manuela Busse ist Arzthelferin (medizinische Fachangestellte) und Inkontinenzexpertin. Sie hat über 30 Jahre Berufserfahrung in der Pflege – ambulant als auch vollstationär. Als Inkontinenzexpertin berät sie Betroffene, Angehörige und Familien.
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